Die Jahresfeste

Das Buch zum Mondschild befaßt sich nicht nur mit dem Mond direkt. Da der Mondrhythmus aus dem Zusammenspiel von Sonne und Mond entsteht, wird dort auch auf verwandte Themen - wie den Jahreszyklus - eingegangen. Hier stellen wir Ihnen die acht wichtigsten Feste des Jahres kurz vor:

 

Jul -Die Wintersonnenwende

Die Wintersonnenwende ist ein Sonnenfest: Heute ist der kürzeste Tag des Jahres, der Tag ist in unseren Breiten lediglich acht Stunden lang, während die Nacht sechzehn Stunden dauert. Dennoch ist der heutige Tag ein Tag des Triumphes: die Sonne wird wiedergeboren. Sie erwacht zu einem neuen Zyklus. Zur Zeit der Wintersonnenwende hat die Sonne ihren tiefsten Stand im Jahreslauf erreicht, ab nun steigt sie wieder den Himmel empor um das neue Jahr zu schaffen. Das Fest der Wintersonnenwende ist seit altersher das Geburtsfest der Sonne.

Das Fest der Sonnengeburt wird in der Regel sehr üppig gefeiert. Die Adventsfastenzeit ist vorbei und nun greifen wir drei Tage lang in die Vollen: Es wird geschlemmt, gefeiert, und alles Sinnliche genossen. Die Tage des Sonnenwendfestes sind schöne Tage, an denen wir uns mit allem beschäftigen, was das innere Licht entzündet und erhellt: Diese Tage sollten wir mit unserer Familie und engen Freunden verbringen, mit Menschen, denen wir Vertrauen und mit denen wir gemeinsam das Licht als Symbol des Lebens anzünden wollen.

Das Julfest ist eine Zeit der Erfüllung tiefer Wünsche. Aus dieser Tradition heraus entstand später die Sitte zu Weihnachten Geschenke zu machen. Es ist der Beginn des neuen Sonnenlaufs, und wie bei jedem Neubeginn ist es für uns wichtig zu wissen was wir wollen (Wünschen) und wohin wir gehen. In der Zeit des Julfestes ist Raum dafür Briefe zu schreiben, Gespräche zu führen, spazieren zu gehen und auch sonst für alles, was uns selbst und andere glücklich macht.

 

Imbolg (Lichtmeß)

An Imbolg wird das wiederkehrende Licht der Sonne gefeiert. Es handelt sich hierbei sozusagen um die "Sonnendämmerung des Jahres". Wenngleich es nach außen hin immer noch unsichtbar bleibt, erwacht nun allmählich das Leben in der Natur wieder. Die Sonne gießt ihre Lebenskraft auf die Erde aus und veranlaßt so alle Gewächse und Keime sich wieder zu regen. Obwohl ihre Kronen noch Kahl sind, ziehen die Wurzeln der Bäume bereits wieder Wasser aus dem Boden und pumpen es in die leeren, trockenen Stämme. Zu Imbolg darf in vielen Gegenden kein Holz mehr geschlagen werden, da in den Ästen der Saft wieder fließt.

Zu diesem Zeitpunkt wird allmählich klarer, wo wir in diesem Jahr hinwollen, sozusagen worauf das Geschehen dieses Jahres hinausläuft. Die Besonderheit des heutigen Tages ist es, daß er uns zeigt, wo wir wann gebraucht werden.

Die Qualität von Imbolg ist es, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein. Daher ist es am heutigen Tage sehr wichtig, auf all das zu achten was uns "zustößt" oder "begegnet". Alles was heute passiert kann uns wichtige Hinweise auf unseren Weg in diesem Jahr geben. Am heutigen Tag gehen wir wieder hinein ins Leben und stellen die Weichen für das Kommende.

 

Ostara - Die Frühlingstagundnachtgleiche

Die Frühlingstagundnachtgleiche oder das Frühlingsequinox markiert seit alter Zeit ein Sonnenfest. Dieses wird jedoch seit langer Zeit auf dem Termin des heutigen Osterfestes gefeiert. Dieser liegt auf dem ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond nach Frühlingsanfang. Das Osterfest, als wichtigstes Fest des Frühlings, entwickelte sich dadurch zu einer Mischung aus Sonnen- und Mondfest, wenngleich der Sonnencharakter jedoch überwiegt. In vorchristlicher Zeit wurde es noch direkt am Vollmondstag gefeiert.

Das Osterfest ist ein Fest zu Ehren der Göttin Ostarun oder Ostera, die ihm auch dem Namen gab. Es handelt sich seit jeher um ein Fest der Fruchtbarkeit und des Lebens. Wie alle anderen heidnischen Feste wurde auch das Osterfest von der Kirche vereinnahmt und verharmlost. In vorchristlicher Zeit, und zum Teil noch bis ins 18. Jahrhundert hinein, wurden zu Ostern die Eier in der Erde vergraben, als Gabe an die große Göttin, damit sie uns Menschen Fruchtbarkeit beschere. Nachdem die Kirche mit diesem Mondbrauch Schluß gemacht hatte, wurden die Ostereier nun nur noch im Garten versteckt, und nach dem Finden wieder mitgenommen. Hierbei handelt es sich um denselben Brauch, nur daß hinterher die "Spuren wieder verwischt werden", so daß letztendlich niemand beweisen kann, daß man dem alten Brauch huldigte.

Das Osterfest als Fest der Fruchtbarkeit findet etwa neun Monate vor dem Weihnachtsfest statt und entspricht damit der menschlichen Schwangerschaftsdauer. Zu Weihnachten wurde dann die Wiedergeburt des Sonnengottes gefeiert. Die Symbole für Fruchtbarkeit, die Eier, der Hase und das Osterlamm (Lämmer werden immer um Ostern geboren, nachdem das Mutterschaf den Winter über schwanger war) sind auch heutzutage noch vorhanden.

 

Beltane - Walpurgisnacht

Ursprünglich in der Nacht vor dem zweiten Vollmond nach Frühlingsanfang gefeiert, liegt das Fest von Beltane nun in der Nacht von 30.04. zum 01.05., vierzig Tage nach der Frühlingstagundnachtgleiche. Es wird von den Christen auch "Walpurgisnacht" genannt. Selbst heutzutage ist dieses Fest noch von dem Bild der Hexen bestimmt, die die Nacht durch um Feuer tanzen und auf ihren Besen reitend verbringen.

Während zu Ostern zu Ehren der Erdgöttin Ostarun die erwachende Fruchtbarkeit der Erde gefeiert wurde, ist jetzt die Zeit der Blüte. Daher ging es zu Beltane, die ebenfalls eine Göttin der Fruchtbarkeit war, im wesentlichen um die eigentliche Befruchtung.

In der vorchristlichen Zeit wurde das Ganze noch sehr wörtlich genommen. Zu Beltane trafen sich die Frauen um das Fest ihrer eigenen Fruchtbarkeit zu feiern. Sie konnten im wahrsten Sinne des Wortes die von ihnen auserwählten Männer in die Büsche ziehen, um auszuprobieren, ob der entsprechende Mann als Vater und Erzeuger ihrer Kinder und als Ehemann in Frage kam. Diese Praktiken hatten - abgesehen von dem Aspekt der reinen Lebensfreude - unter anderen auch den Sinn, das Zustandekommen unfruchtbarer Verbindungen zu verhindern.

Letztendlich ging es zu Beltane jedoch vor allen darum, die Gabe der großen Göttin an ihre Töchter, die Fähigkeit Leben zu spenden, zu feiern und zu würdigen.

 

Lither - Die Sommersonnenwende

Das Fest der Sommersonnenwenden, das Litherfest, wurde - wie auch das Julfest - drei Tage und Nächte lang gefeiert, vom 21. bis zum 24. Juni, den Johannistag der christlichen Kirche. Die Sonne hat nun ihren höchsten Stand erreicht und steigt nun im Jahreslauf ab. Jeder der kommenden Tage ist ein wenig kürzer als der Vorhergehende, bis zur Wintersonnenwende.

Mit dem Litherfest beginnt die zweite Hälfte des Jahres. Obwohl der eigentliche Sommer, die Zeit der Wärme und des Überflusses mit dem heutigen Tag erst beginnt, so Wissen die Menschen doch, daß die Zeit des Wachstums sich ihrem Ende zuneigt. Im Lebenszyklus der meisten Pflanzen verlangsamt sich das Wachstum ab jetzt und kommt schließlich zum Stillstand. Dafür ist nun die Zeit der Befruchtung. Die Energien der Natur zielen nicht mehr auf das Wachstum der "Elternpflanzen" ab, sondern auf die Zeugung und das Nähren der Nachkommen, der Knospen und Samen.

Zum Litherfest werden traditionell unzählige Freudenfeuer entzündet. Die jungen Leute erproben ihren Mut indem sie über die Flammen springen, einzeln oder auch als Pärchen, um ihre Zusammengehörigkeit zu prüfen. Das Litherfest dient dazu die Fülle des Lebens zu genießen und ihr Ausdruck zu verleihen. Es ist eines der ausgelassensten Feste des Jahres. Die Sonne steht in ihrer vollen Kraft und das Leben das sie symbolisiert soll in vollen Zügen genossen werden.

 

Lughnasadh - Das Schnitterfest

Das ursprüngliche Fest Lugnasadh, auch Lugusfest genannt, war wieder ein Mondfest. Es fand am Tag des zweiten Vollmondes nach der Sommersonnenwende statt. Später wurde es nach dem Sonnenkalender auf den 2. August festgelegt. Das christliche Schnitterfest, das aus Lughnasadh hervorgegangen ist, wird jedoch meist erst um den 15. August, als Mariä Himmelfahrt, gefeiert. Auch dieses Datum schwankt jedoch, weil das Fest häufig erst gefeiert wird, wenn die Kornernte eingebracht ist.

Die Zeit des Lugusfestes ist in unseren Breiten die heißeste Zeit des Jahres. Die Heuernte dauert oft Wochenlang von Morgens vor dem Sonnenaufgang bis spät in die Nacht hinein. Selbst die heutigen Bauern mit ihren hochtechnisierten Betrieben arbeiten in dieser Zeit oft zwanzig Stunden am Tag, bis alles Heu, Stroh und Korn eingebracht ist und nicht mehr von einem plötzlichen Regen verdorben werden kann.

Danach wird gefeiert. Wenngleich das eigentliche Erntedankfest auf der Herbsttagundnachtgleiche liegt, so hat das Lugus- oder Schnitterfest schon deutlich diesen Dankbarkeitscharakter. Es geht jedoch noch darüber hinaus: Die Zeit von Lughnasadh ist die Zeit des Jahres, in der man sich am besten im Freien aufhalten kann. Das Fest wird gefeiert um den Sommer zu würdigen und die Nächte unter freiem Himmel zu genießen, die nun bald wieder vorbei sein werden. Der Charakter von Lughnasadh ist es, die Sonne und ihre Wärme einzufangen. So werden zu diesem Fest traditionell Blumenkränze gewunden und in Wachs getaucht. Diese werden aufgehängt oder zum Räuchern verwendet, weil sie die Wärme des Sommers gespeichert halten sollen.

 

Mabun - Die Herbsttagundnachtgleiche

Am 23., manchmal auch erst am 24. September findet die Herbsttagundnachtgleiche oder das Herbstequinox statt. Zu diesem Zeitpunkt sind der Tag und die Nacht wieder gleich lang. Ab jetzt beginnt die Zeit, in der die Dunkelheit wieder stärker wird als das Licht und die Nächte wieder länger als die Tage. Die Pflanzen stellen endgültig ihr Wachstum ein und die letzten Früchte Reifen nun heran. Es ist die Zeit des Abschiednehmens vom Sommer, von der Wärme, der Fülle und ein wenig auch der Freude des Lebens.

Mabun wird auch heutzutage noch von den Antroposophen als Erntedankfest gefeiert. Die Arbeit auf den Feldern nähert sich ihrem Abschluß. Die Scheunen sind gefüllt und nun kommt die Arbeit in Haus und Hof an die Reihe.

Das Wesen des Festes zu Mabun war es, ein letztes Mal die Fülle des Sommers zu genießen, bevor es hieß von ihr Abschied zu nehmen. Wie bei allen Sonnenfesten ging es auch zu Mabun darum, die Fülle und das Genießen nach außen Auszudrücken, während bei den Mondfesten eher der geistige Aspekt und die Innenschau, die Besinnung im Mittelpunkt stand. Dementsprechend wurde nun noch einmal üppig gefeiert und genossen, um den Göttern die Dankbarkeit für ihre Gaben zu zeigen. Nach dem Fest begann allmählich der Ausklang des Jahres. Das Jahreswerk war getan und die Menschen begannen ruhiger zu werden.

 

Samhein - Allerheiligen (Halloween)

In der Nacht zum ersten November begann für die alten Kelten das neue Jahr. Auch dieses Datum lag ursprünglich nicht fest, sondern auf einem Neumond (häufig der zweite) nach Mabun. Das christlicher Allerseelen- oder Allerheiligenfest hat jedoch den starken Bezug zu Totenwelt der Samhein im Wesentlichen bewahrt.

Mit Samhein beginnt die Totenzeit, die etwas zwei Wochen dauert. In dieser Zeit hebt sich die Grenze zur Anderswelt, zur Welt der Geister und Naturwesen, zur Welt des Geistigen, aus der die Mythen und Sagen stammen, und in der Elfen, Feen, Zwerge, Riesen und Drachen leben, ihre eigene Wirklichkeit haben und ihr eigenes Leben führen. Diese Welt ist auch als die "nichtalltägliche Wirklichkeit" bekannt, in der die Totem- und Krafttiere ihren Pfaden folgen, und in der wir Wesen begegnen können, die uns Weisheit und Verständnis lehren. In der Totenzeit wandeln all diese Wesen über die Erde, um ihre Winterruheplätze aufzusuchen.

Die Totenzeit ist gewissermaßen die Abenddämmerung des Jahres, so wie wir im Frühjahr zu Lichtmeß seine Morgendämmerung erleben dürfen. Die Zeit ist nicht mehr so wie wir sie sonst erleben. Der Zeitfluß hört auf, es findet keine Bewegung mehr statt. Wie auch die Zeit der Abenddämmerung, die sich in unserem Empfinden endlos dehnen kann, gelten in der Totenzeit die Regeln von dem "was war vorher, was war nachher" nicht mehr. Die Zeit scheint zu stehen, Zukunft und Vergangenheit zu verschwimmen. Zu Samhein werden die Prophezeiungen für das kommende Jahr gemacht, da für die, die sehen können, die Zukunft jetzt ein offenes Buch ist.

Die Totenzeit endet, wenn sich das Licht wieder wandelt und das farblose Bleigrau dieser Zeit mit all seiner bedrückenden Trostlosigkeit zu Silbergrau wird. Wenn wir bewußt durch die Welt gehen, können wir sehen, daß die Farbe in die Welt zurückgekehrt ist und diese Veränderung des Lichtes mit all unseren Sinnen aufnehmen.

 

Auszug aus dem Mondschildbuch. © Neue Erde Verlag